Der aue Tivoli - danke für unvergessliche JahreEs war der 5. Februar 1993 als ich zum ersten Mal den Tivoli besuchte. Ich war neun Jahre jung und die Alemannia kannte ich nur gaaaanz vage. Mein Vater nahm mich mit zum Schlagerspiel an diesem Abend gegen Rot-Weiß Essen. Zusammen mit meinem damaligen Jugendtrainer und dessen Sohn ging es auf die Sitzplatztribüne. Es wurde richtig voll und ich erinnere mich noch gut, wie sehr ich mich erschrocken habe als aus dem Block genau gegenüber ein Schlachtruf erklang, den es wohl auch morgen beim letzten Spiel des alten Tivoli zu hören gibt: Heya, Heya Alemannia!

An diesem nass-kalten Freitagabend packte mich das Flair dieses Stadions. Der unvergleichliche Charme schlummerte aber noch ein par Jahre vor sich hin, ehe ich über Schule und Sportverein Freikarten in der Aufstiegssaison 98/99 bekam und seither eine Dauerkarte besitze.

An diesem nass-kalten Freitagabend 1993 verlor die Alemannia mit 0-3 gegen Rot-Weiß Essen und schaffte doch den Sprung in mein Herz. Klar, an das Spiel selber kann ich mich kaum erinnern, aber ich erinner’ mich genau an die typischen Tivoli-Erlebnisse. Es roch nach Bier und Bratwurst. Die allgegenwärtige Farbe schwarz und gelb und selbst die Herren auf der Sitzplatztribüne im feinen Anzug brüllten “Du blöde Idiot! Neä, wat hant vür at woërm ne schönne Tünnes a jen Flöet!”

Auch erinnere ich mich an einen älteren, sehr schick und teuer gekleideten, Herren der im S-Block stand, immer an den Wellenbrecher gelehnt, und, egal ob die Alemannia nun im Angriff war oder im Sturm “Hinten raus Ihr Arschlöscher!” rief. Auch eine Kapelle saß mal im S-Block und versuchte sich als Stimmungsmacher. Unvergessen auch die Radermacherbrüder! Die Urgesteine trotzten dem beißenden, aber tivolitypischen Geruch nach Pisse und waren immer freundliche und mit einem Lächeln auf dem Gesicht anzutreffen. Sie gehören für mich zu dem Tivoli wie der Regen und der Schimmel. Morgen gibt er uns zum letzten Mal die Ehre.

Ich könnte noch unzählige Geschichten erzählen und könnte trotzdem vielen von Euch nicht das Wasser reichen, die noch viele Jahre mehr Tivoli auf dem Buckel haben. So oder so: Wir werden in gemeinsam vermissen. Wir tun es jetzt schon aber wenn die Bagger in Kürze die altehrwürdigen, maroden aber dennoch traumhaft schönen Tribünen einreißen, werden wir gemeinsam an der Krefelder oder Merowinger Straße stehen, uns den Pippi aus den Augen reiben und gegenseitig die Taschentücher reichen.

Ich sage DANKE DANKE, Tot’ ziens , lebewohl und voelmoals Merci aue Tivoli!

»Hier« könnt Ihr das Stadionheft – ca. 12 MB – vom 05.02.1993 vom Spiel gegen Rot-Weiß Essen runterladen. (Nicht wundern: Ich habe nicht alle Seiten mit Werbung gescannt und mein Brüderchen hat das Heft auch ein wenig als Malbuch “mißbraucht”).



8 Kommentare

svenc · 6. Mai 2011 um 19:47

das waren noch Zeiten, der Bericht im Stadionheft zum Spiel bei Viktoria Köln (Seite 13), “43. Minute Zeitstrafe Timons, 87. Minute Rote Karte Timons”. Ich erinnere mich an das Spiel 😉
Der war eigentlich nie Kandidat für Karten, aber der wollte eigentlich gerne bei der Alemannia spielen und wollte an dem Tag wohl besonders auffallen…. Ist ihm ja auch gelungen 😉
“Dat iss ne Oecher Jong” (aus Hücheln). Spielte auch bei TUS Langerwehe unter dem heutigem Alemannia-Chefscout Grümmer (war damals Trainer).
Der Marko Timons hat mit mir in Eschweiler 91 Abi gemacht. Feiner Fußballer, leider nach zweiter schwerer Knieverletzung die Fußballschuhe an den Nagel gehangen.
Danke für das Heft Fritz… das werde ich mal ausdrucken und ihm beim Abitreffen überreichen 😉

svenc · 6. Mai 2011 um 19:50

übrigens auch auf dem Foto zu sehen.
Beim Einlauf, linkes Bild, 3. von rechts, Typ “Kalle Rummenigge” 😉
Sehr witzig 😉

Friedrich · 7. Mai 2011 um 11:44

“Gerade bei Auswärtsspielen repräsentieren Sie nicht nur die Alemannia, sondern auch unsere Vaterstadt Aachen! Wir wollen keine Chaoten! Wir wollen Fußball-Fans, die ihrem eigenen Ruf und dem der Alemannia Ehre machen!”

Auf der vorletzten Seite zu finden 😉 Fand ich ne Spitzennummer 😀

Hardy · 8. Mai 2011 um 11:28

Hallo Fritz,
wie du schon sagtest: es gibt noch unzählige Geschichten!
Es war gerade ein Tor für die Alemannia gefallen, wir lagen uns in den Armen, dein Papa und ich. Tja, und ich war so bekloppt vor Freude, sein Käppchen segelte über den Zaun und hinter das Tor. Torhüter Gerd Prokop persönlich kam hinter das Netz und dein Papa erhielt, quasi von Keeper zu Keeper, seine heiß geliebte Kappe zurück. – Ich spekuliere mal: Auch heute käme die Kappe zurück, auf dem alten Tivoli ganz bestimmt ;-).

Augen zu und Tivoli « Der Friedri.ch · 27. Juni 2012 um 13:19

[…] auf die Bebauung wartet, blutet wohl nicht nur mir das Herz. Meine Erinnergungen habe ich ja hier bereits geschildert. Als nun via Twitter nochmals der Link zur dem 360-Grad-Foto aus dem September 2011 rundging, da […]

Der Friedri.ch – Danke Danke Jupp · 4. Januar 2013 um 14:37

[…] bekannt als der „Toilettenmann unterm S-Block“ am alten Tivoli. Nicht nur für mich war Jupp ein Stück Tivoli. Ein Gesicht welches man bei jedem Stadionbesuch erblickte – und immer ein Lächeln […]

Traditionsduell an der Hafenstraße | Sportfreunde Kaiserstadt · 15. August 2014 um 09:07

[…] Aachen – Rot-Weiss Essen war auch meine erste Partie auf dem Tivoli. 1993 verloren wir zwar 0-3 aber der Virus “Alemannia” hatte mich erwischt. Für das […]

Fünf Jahre ohne Tivoli – derFriedri.ch · 10. Mai 2016 um 20:50

[…] so war es auch bei mir. Ich schrieb es einen Tag vor dem letzten Spiel hier (Ein letztes Mal) nieder. Eines der meistgeklickten Videos auf meinem Blog ist bis heute „der letzte Pfiff“ vom […]

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