Laut Presseamt wird Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp Mitglied im Aufsichtsrat der Alemannia Aachen Stadion GmbH. In Anbetracht der Tatsache, dass die Stadt Aachen zu den Gläubigern der Alemannia zählt keine schlechte Entscheidung. Der Schritt ist gut und im Gegensatz zum letzten Oberbürgermeister sehe ich die Doppelfunktion als Gewinn für die Alemannia – aber seit 2009 existiert der Aufsichtsrat der Stadion GmbH nicht mehr. Fragezeichen!

Der Rat der Stadt Aachen hat beschlossen, Oberbürgermeister Marcel Philipp in den Aufsichtsrat der Alemannia Aachen Stadion GmbH zu entsenden. Die städtische Tochtergesellschaft Aachener Stadion Beteiligungs GmbH hat sich mit einem Kapitalanteil von 140.000 Euro – rund 8,5% – am Stammkapital der Alemannia Aachen Stadion GmbH beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag der Alemannia Aachen Stadion GmbH verfügt die Stadt Aachen über ein Mandat im bis zu sechs Mitglieder starken Aufsichtsrat.

Der letzte Oberbürgermeister mit Sitz im Aufsichtsrat der Alemannia war zugleich auch dessen Vorsitzender. Dr. Jürgend Linden war federführend an der Planung und Umsetzung des neuen Tivoli beteiligt, wofür er sich feiern ließ und auch selber auf die Schulter klopfte. Für viele Aachener und Alemannen ist er aber auch einer der Hauptverantwortlichen für die finanziell schlechte Situation. Als Jurist sollte man Dr. Linden zutrauen, Verträge prüfen und bewerten zu können. Das Know-How hat er und auch der damalige Aufsichtsratskollege Carlo Soiron war als Jurist im Boot. Mit Franz-Josef Hilgers war gar ein Vorstandsvorsitzender einer Bank am Tisch. Erstaunlich und bis heute mit vielen Fragezeichen versehen, diskutieren die Fans aber auch die Bürger, wie das überhaupt geschehen konnte. Die Geschäftsführung und der aktuelle Aufsichtsrat haben bis heute auch nicht wirklich Licht ins Dunkle bringen können. Im Gegenteil: Kurz vor der Wahl Dr. Meino Heyens zum Präsidenten der Alemannia, entlasstete das Präsidium um Dr. Alfred Nachtsheim noch den damaligen Aufsichtsrat von Dr. Linden und Co.

Vertrauensbildung sieht zugegeben anders aus. Und jetzt kann Lindens Nachfolger als Stadtoberhaupt auch die Geschicke der Alemannia mit anpacken. Im ersten Moment mag man laut ausrufen “Um Jottes Willen, net nochens ne Oberbürjermeister bei dr Alemannia!”, aber nach kurzer Überlegung stellt man (also ich zumindest) schnell fest, dass es sehr gut und sehr wichtig ist, dass Marcel Philipp noch näher dran ist.

Vor allem steht die Stadt Aachen zwischen der Alemannia und den günstigen Kreditgebern (Landesbank, KFW,…). Durch den nun erfolgten Abstieg ist die Stadt Aachen gezwungen 1.000.000,00 € pro Jahr für Zins und Tilgung aufzubringen. Wäre die Alemannia nicht abgestiegen, hätte die Stadt auch nichts zahlen müssen. Durch den Abstieg ist aber genau der Fall eingetreten, den viele Bürger aber auch Fans zu vermeiden gehofft hatten: aktive Zahlungsleistungen der Stadt.

Die bittere Pille muss nun geschluckt werden und nicht ganz unverständlicherweise muss das Ende der Fahnenstange finanzieller Unterstützung bald ein Ende haben. Auch verwirrende Zahlenspiele wie jüngst sollten der Vergangenheit angehören: Alemannias Geschäftsführer Frithjof Kraemer hatte bei der Stadt eine finanzielle Unterstützung erbeten, um die Lizenz zu sichern, diese aber wenige Tage später plötzlich nicht mehr benötigt.

Alleine deswegen ist es notwendig Marcel Philipp als wachendes Auge im Aufsichtsrat zu haben. Es muss gewährleistet sein, dass es bei der Alemannia jetzt bergauf geht.

Allerdings tauchen nun bei mir Fragezeichen auf: Laut dem elektronischen Bundesanzeiger (in dem die Bilanzen deutscher GmbHs veröffentlicht werden müssen), hat die Alemannia Aachen Stadion GmbH keinen Aufsichtsrat. Dr. Jürgen Linden sagte im Interview vom 23.04.2010 gegenüber der Aachener Presse:

Wenn das Bauverfahren abgeschlossen ist, werden wir auch den Aufsichtsrat der Stadion GmbH auflösen.

Für mich bedeutet die Einberufung Marcel Philipps in den Aufsichtsrat einen richtigen Schritt in die richtige Richtung. Ohne die Stadt Aachen wäre die Alemannia in einer ganz anderen – unteren – Liga aufgeschlagen. Nach den Aussagen der letzten Monate zu urteilen hat auch das Vertrauen in die Kompetenz Kraemers eher Rückschritte statt Fortschritte gemacht. Ob wir Kraemer nun die Luft enger wird wird sich zeigen. Ich hoffe stark, dass Marcel Philipp seine akribischen und besonnenen Aktionen beibehält. Aber kann er dies im Aufsichtsrat der Stadion GmbH?

Die Tochtergesellschaft Muttergesellschaft der Alemannia Aachen Stadion GmbH verfügt über einen Aufsichtsrat – und in diesen kann man allerdings nur gewählt werden. Wenn also nun die Stadion GmbH einen Aufsichtsrat hat, stellt sich die frage, wer darin sitzt und wieso dies nicht in den Bilanzen steht. Es finden sich auch keine Bekanntmachungen dazu.

Das alles ist erstmal ja auch nicht illegal, aber ungewöhnlich kann man es schon bezeichnen. Sinn würde es machen, wenn Herr Philipp im Aufsichtsrat der Alemannia Aachen Gmbh säße und so alle Zusammenhänge auf dem Tisch (Theorie!) liegen hätte. Sollte es also tatsächlich so sein, dass der Oberbürgermeister nur im Aufsichtsrat der Stadion GmbH sitzt, besteht die Gefahr, dass einige Informationen ihn nicht erreichen. Hat er dann noch wirklich die Kontrollfunktion?

Update 29.06.2012:

Wie einer Eintragung im Unternehmerregister vom 08.06.2012 zu entnehmen ist, wurde auch eine Änderung im Punkt 8 (Aufsichtsrat) beschlossen. Indirekt kann man nun daraus schließen, dass der nicht mehr existente Aufsichtsrat der Alemannia Aachen Stadion GmbH neu einberufen wird und einen Sitz der Oberbürgermeister erhält. Somit alles nachvollziehbar und verständlich. Kommunikativ hätte man dies viel eleganter lösen können.

 

Amtsgericht Aachen Aktenzeichen: HRB 14248 Bekannt gemacht am: 08.06.2012 12:00 Uhr In () gesetzte Angaben der Anschrift und des Geschäftszweiges erfolgen ohne Gewähr. Veränderungen 04.06.2012

Alemannia Aachen Stadion GmbH, Aachen, Krefelder Straße 205, 52070 Aachen. Die Gesellschafterversammlung vom 24.05.2012 hat eine Änderung des Gesellschaftsvertrages in § 2 (Gegenstand des Unternehmens) und mit ihr die Änderung des Unternehmensgegenstandes sowie in § 5 (Geschäftsführer), § 6 (Vertretung der Gesellschaft), § 7 (Geschäftsführung), § 8 (Aufsichtsrat), § 9 (Gesellschafterversammlung), § 10 (Geschäftsjahr und Jahresabschluss) und § 11 (Gesellschafterveränderung) beschlossen. Ferner wurde eine Änderung in § 4 (Stammkapital) und mit ihr die Schaffung eines neuen Genehmigten Kapitals 2012 I beschlossen. Neuer Unternehmensgegenstand: Gegenstand des Unternehmens sind die Errichtung und der Betrieb eines Stadions. Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die geeignet sind, den Gegenstand des Unternehmens zu fördern. Die Gesellschaft ist insbesondere berechtigt, sich an anderen Unternehmen gleicher oder verwandter Art zu beteiligen sowie solche Unternehmen zu gründen und zu erwerben. Die Geschäftsführer sind durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.05.2012 ermächtigt, das Stammkapital bis zum 31.12.2012 gegen Bareinlage einmal um 140.000,00 EUR durch Ausgabe eines neuen Geschäftsanteils Nr. 5 zu erhöhen (Genehmigtes Kapital 2012 I).


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