Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP im Regionalrat des Regierungsbezirks Köln [1] haben am 12.März 2021 eine Resolution in die kurzfristig anberaumte Sitzung des Ältestenrates[2]  eingebracht und hätten diesen dort gerne beschließen lassen. Da neben der Fraktion DIE LINKE. / Volt auch die Fraktion der Grünen gegen die kurzfristig vorgelegte Resolution gestimmt hat, haben CDU und SPD daraus einen dringlichen Beschluss[3] gefasst und diesen am 15.03.2021 dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Landesplanung des Landtag NRW im Namen des Regionalrates übermittelt. Abgesehen von der Tatsache, dass dem Ältestenrat des Regionalrates keinerlei Entscheidungsbefugnis zusteht, ist das Vorgehen von CDU, SPD und FDP in höchstem Maße fragwürdig und gegen Vorgaben des NRW-Umweltministeriums.

Der geltende Landesentwicklungsplan NRW [4] sieht klare Regelungen zur Ausweisung von Flächen zu verschiedenen Nutzungen vor. So etwa für sogenannte Bereiche der gewerblichen und industriellen Nutzung (GIB). Grundlage für die Festlegungen von GIB-Bereichen ist eine Flächenbedarfsabschätzung, die für alle Kommunen des Plangebietes nach einheitlicher Methodik durchgeführt wird. Diesen Bedarfen werden die planerisch noch verfügbaren Flächenreserven gegenübergestellt, die durch die Kommunen im Siedlungsflächenmonitoring (SFM) erhoben werden. Aus der Bilanzierung beider Größen ergibt sich der regionalplanerische Handlungsbedarf.

Ein Grundsatz des Landesplanungsgesetzes[5] ist, dass in der Gesamtbilanz festgelegte Prozentsätze der Gesamtfläche für entsprechende Nutzungen zur Verfügung stehen. Auf regionaler Ebene (z.B. Regierungsbezirk Köln mit seinem Regionalrat als Regionalplanungsträger) ist man darauf angewiesen, die vorhandenen  Flächen „gerecht“ zu verteilen. Dies kann nur mit einem einheitlichen Maßstab erfolgen. Teilt man einer Kommune oder kommunalem Zusammenschluss mehr Fläche zu, als ursprünglich vorgesehen, müsste man anderen Kommunen Flächen „wegnehmen“, um die Gesamtbilanz wieder auszugleichen, was allerdings nicht gestattet ist, da andere Kommunen nicht benachteiligt werden dürfen.

Diese Regelung sorgt nun bei der Erweiterung des „Future Mobility Park[6]“ auf dem Gebiet der Gemeinden Aldenhoven, Alsdorf, Linnich und Baesweiler für einen Konflikt. Ziel der nun vorgelegten Resolution ist es, das zu Grunde liegende Landesplanungsgesetz zu verändern. Im vorliegenden Fall wird es von CDU, SPD und FDP damit begründet, dass  sonst eine „innovative“ und „arbeitsplatzbringende“ Flächennutzung verhindert würde. Für den notwendigen Strukturwandelprozess im Rheinischen Braunkohlenrevier sei die Erweiterung daher unerlässlich argumentieren CDU, SPD und FDP. Wie, wann und welche Arbeitsplätze auf der besagten Fläche entstehen könnten, wird dabei an keiner Stelle beschrieben. Ein Gutachten und die Expert:innen des zuständigen Dezernates der Bezirksregierung Köln empfahlen dem Regionalrat in der Sitzung am 02.10.2020, keine vorgezogene Änderung vorzunehmen.[7] Dieser Einschätzung folgte der Regionalrat – und damit CDU, SPD und FDP –, wenngleich dies die Ursprüngliche Forderung der Gemeinden eine vorzeitige Änderung war.[8]

Den im konkreten Fall „betroffenen“ Kommunen Alsdorf, Aldenhoven, Baesweiler und Linnich wurden bereits mehr Gewerbeflächen zugewiesen als es der Bedarf vorsieht.  Das interkommunale Gewerbegebiet „Future Mobilty Park“ ist mit insgesamt 227 Hektar geplant. CDU, SPD und FDP versuchen nun mit der Resolution das im Abstimmungsverfahren befindliche Landesplanungsgesetz zu beeinflussen, da das Projekt, und somit die vier Gemeinden, zusätzliche  „Potenzialflächen“ als ursprünglich veranschlagt. Hintergrund für diesen Mehrbedarf sind Strukturförderungen für das Rheinische Revier, die „blöderweise“ dem Regionalplan widersprechen, da die ursprüngliche Fläche zu klein für diese besondere Förderung ist. Die Fraktion DIE LINKE. / Volt im Regionalrat des Regierungsbezirks Köln unterstützt Strukturförderungen, allerdings mit der Maßgabe, dass diese im Einvernehmen mit geltendem Recht sind und nachhaltig geplant sind.

Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. / Volt wird hier nicht berücksichtigt, dass die von CDU, SPD und FDP forcierte Gesetzesänderung zur einer Aushöhlung der sinnvollen Begrenzung von Flächenverbrauch in ganz Nordrhein-Westfalen führt. Wenn das Landesplanungsgesetz aufgrund der Resolution geändert würde, können andere Akteure ebenfalls eine Ausweitung von bestehenden bzw. raumplanerisch festgelegten Flächen verlangen. Einer einseitigen Flächenpolitik wird damit die Tür geöffnet. Es drängt sich der Verdacht auf, dass nicht nur im Regierungsbezirk Köln weitere „Reserveflächen“ / „Potenzialflächen“ bereitgehalten werden sollen, was nicht mit dem Landesentwicklungsplan vereinbar ist.

„Während das CDU-geführte Umweltministerium in Düsseldorf klar sagt, dass Naturflächen zu schützen sind, handeln die verantwortlichen Fraktionen von CDU, SPD und FDP im Regionalrat so, als würden Flächen wie Äpfel an Bäumen nachwachsen. Sie forcieren eine nicht notwendige Gesetzesänderung indem sie den Regionalrat in einer Hau-Ruck-Aktion für Klientelpolitik instrumentalisieren. Fakten und Argumente vermisst unsere Fraktion hier.“

Friedrich Jeschke / Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. / Volt im Regionalrat

Für die Fraktion DIE LINKE. / Volt ist es ein Widerspruch, dass auf diese Art und Weise wichtige und für Natur benötigte Flächen kurzfristig und ohne Grundlage in Beschlag genommen werden, ohne dass diese tatsächlich für Gewerbe und Industrie konkret benötigt werden. Während die Europäische Kommission die Bundesrepublik im Februar 2021 vor dem Europäischen Gerichtshof angeklagte[9], da diese seit Jahren nicht ausreichend Naturschutzflächen ausweist, wollen CDU, SPD und FDP in dem bereits dicht besiedelten Regierungsbezirk sogar noch mehr Fläche für Gewerbe und Industrie umwidmen. Der in der Aachener Zeitung vom 18. Februar 2020[10] erwähnte direkte (Aldenhoven & Baesweiler) sowie indirekte (Alsdorf & Linnich) Ausgleich durch Verzicht auf Entwicklung von Gewerbeflächen auf eigenem Gebiet, bezieht sich dabei auf die ursprüngliche Planung, ohne die nun geforderten Potenzialflächen.

Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP ignorieren dabei zudem die Maßnahme „Allianz für die Fläche“  des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen[11]:

Täglich werden bundesweit 66 Hektar Freifläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke verbraucht. Die “Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016” legt fest, die tägliche Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag bundesweit zu reduzieren.

In Nordrhein Westfalen gehen im langjährigen Mittel täglich rund 10 Hektar wertvolle Natur- und Freifläche verloren. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche nimmt inzwischen bereits einen Anteil von rund 23,5 % an der gesamten Landesfläche ein. Langfristiges Ziel bleibt es, aus demografischen Gründen, zum Schutz der landwirtschaftlichen Flächen, der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie NRWs und zum Erhalt der Biodiversität den Flächenverbrauch weiter zu minimieren. Im Rahmen von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel spielt der unverbaute Freiraum auch eine wichtige Rolle, denn für Siedlungs- und Verkehrszwecke genutzte Flächen können Frischluftschneisen in die Städte blockieren und die Böden verlieren ihre Funktion als Bodenkühlleister sowie als Wasserspeicher für den Hochwasserschutz.

Erklärtes Ziel der Landesregierung ist es, die Neuinanspruchnahme landwirtschaftlicher Produktionsflächen zu reduzieren, denn es gehen weiterhin im Durchschnitt 17 Hektar pro Tag an landwirtschaftlichen Flächen verloren. Dazu bedarf es wirksamer Maßnahmen dies zu begrenzen. Den Kommunen fällt hier die Schlüsselrolle zu, weil sie bei ihren Entwicklungsplanungen die wesentlichen flächenrelevanten Entscheidungen treffen.

Folglich hat die Fraktion DIE LINKE. / Volt die Resolution aus oben genannten Gründen ablehnen müssen. Eine öffentliche Diskussion zu Art und Weise der Politik scheint mehr notwendig.

Quellen:

[1]  https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/gremien/regionalrat/index.html
[2] §9 Ältestenrat / GO Regionalrat Regierungsbezirk Köln https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/gremien/regionalrat/zusammensetzung/geschaeftsordnung.pdf
[3] §19 Absatz 5 Landesplanungsg. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=920070925160557909
[4]  https://www.land.nrw/de/tags/landesentwicklungsplan
[5]  https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=920070925160557909
[6] https://www.aachener-zeitung.de/lokales/juelich/eine-neue-gesellschaft-die-arbeitsplaetze-entwickeln-soll_aid-49040653
[7] „Anregung auf vorgezogene Änderung des Regionalplanes https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/gremien/regionalrat/sitzungen_regionalrat/archiv/sitzung_26/07b.pdf
[8] https://www.aachener-zeitung.de/lokales/nordkreis/baesweiler/weichen-fuer-future-mobility-park-stellen_aid-51706479
[9] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_412 Naturschutz: Kommission beschließt, DEUTSCHLAND vor dem Europäischen Gerichtshof wegen mangelhafter Umsetzung der Habitat-Richtlinie zu verklagen
[10] https://www.aachener-zeitung.de/lokales/juelich/eine-neue-gesellschaft-die-arbeitsplaetze-entwickeln-soll_aid-49040653
[11] https://www.umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-ressourcenschutz/boden-und-flaechen/flaechenverbrauch/

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#Hochwasser – es braucht eine politische Nausausrichtung – Friedrich Jeschke · 16. Juli 2021 um 09:43

[…] Pressemitteilungen und Berichte dazu werden als nicht wichtig empfunden. Ob in der Städteregion Aachen oder in Bedburg: es gibt weiterhin einen extremen […]

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