Der französische Präsident Emmanuel Macron wird am 10. Mai in Aachen den Karlspreis entgegen nehmen. Neben der anfänglichen Kritik, welche tatsächlichen Verdienste er vorzuweisen hat, kommt nun die Initiative Stop Tihange dazu und ruft zum Protest am 10.05. auf. Warum ich als Atomkraftgegner diesen Aufruf für unsinnig halte möchte ich hier kurz loswerden.
Aus Sicht des Aachener Aktionsbündnisses gegen Atomenergie (AAA) könnte die Wahl des Karlspreisträgers 2018 nicht besser sein. Em[m]anuel Macron ist mittelbar der größte Einzelaktionär des AKW Tihange. Der französische Staat ist sogar über zwei Wege Besitzer des Reaktors; einmal über eine rd. 25%-Beteiligung des französischen Staates an Engie SA und ebenso über die Beteiligung der EDF an Tihange. [.. ] Tihange ist ohne Zweifel ein europäisches Thema. Falls Macron dem europäischen Gedanken verpflichtet ist, darf er in Aachen nicht zur grenzüberschreitenden Gefährdung durch das Risse-AKW Tihange schweigen. Wird er hierzu als französischer Präsident, als Europäer und erst recht in seiner Rolle als Karlspreisträger 2018 Stellung beziehen?
Dieser ersten Mitteilung vermag man sich da noch anschließen, doch mittlerweile finden jeden Samstag auf dem Aachener Markt Mahnwachen statt. Die Person Macron wird bei dem Protest in den Mittelpunkt gerückt, die französische Energiepolitik dabei nicht erwähnt. Emmanuel Macron mag der größte Einzelaktionär sein, doch hat er nicht mit Nicolas Hulot auch einen Umweltminister, der aktuell (noch?) der beliebteste französische Politiker ist?
Ein französischer Umweltminister, der gegen Atomkraft ist.
Auch wenn es schwer fällt: In Belgien und Frankreich sieht man anders auf die Atomenergie. Positiver und bedenkenloser. Ein Heiligtum. Dies beginnt zaghaft zu kippen. Tihange und Doel2 sind in der Tat ein europäisches Problem – insbesondere für die Kläger und Gegner insbesondere in Deutschland. Ohne europäische Institutionen und Regelungen lassen sich die Kraftwerke in der Tat nicht abschalten.
Wieso ein Protest gegen Verbündete?
Zweifelsohne hat Macron neoliberale wirtschaftspolitische Elemente und geht die sozialen Reformen im eigenen Land hart an. Innenpolitisch eine harte Nuss – aber zu trennen von den europäischen Ideen und Forderungen, die man zusammen diskutieren muss. Die Chance, ihn als Einzelaktionär und Einflussnehmer, ja Mitstreiter, zu gewinnen, halte ich für gering, wenn man ihn als Gegner ausmacht und behandelt.
Gegen Tihange und Doel bin ich weiter – auch auf der Straße – aber nicht bei einem solchen Protest. Aktuell ist es wichtig gemeinsam und geschlossen gegen die Spaltpilze aufzutreten. Die freuen sich, dass man die Prioritäten falsch setzt. Nur ein besseres und damit engeres Europa kann diese Atomkraftwerke hingegen vorzeitig abschalten – und Europa bedeutet eben gemeinsam und langsamer als man es sich manchmal wüsncht. Dies sollten die Protestler bedenken.
weitere Artikel :
- » Europa muss sich auf Trump einstellen | 15. Juli 2024
2 Kommentare
Iris · 28. März 2018 um 08:21
Ich mag das. Ich möchte beim Karlspreis schon etwas machen, dass die Aufmerksamkeit auf dieses konkrete europäische Problem lenkt. Eine Aktion ist ok und sogar angezeigt – doch wenn die Bürger bei Macron etwas erreichen wollen, packen sie ihn nicht durch Protest und Kritik. Macron kann man bei seinen eigenen Idealen fassen – daher ein anderer Vorschlag: Wir sollten mit ihm die Verleihung des Karlspreises positiv feiern – aber eine klare Erwartung an ihn äußern, sich um eine Lösung des Tihange-Doel Problems zu kümmern. Damit werden wir mehr erreichen, weil wir ihn damit unter Zugzwang setzen: Er steht für Europa und er steht für Bürgerbeteiligung – nicht für Protest gegen und Klagen über Probleme, sondern für Diskussionen mit Bürgern, für Ideen von Bürgern dazu. Wenn wir ihm Diskussion und Ideen und Europa anbieten, wird er reagieren müssen, um seine Glaubwürdigkeit in Sachen Bürgerbeteiligung und in Sachen gemeinsames Europa zu wahren.
So wird ein Schuh draus!
Eine für Europa engagierte AKW-Gegnerin grüßt dich!
Friedrich · 28. März 2018 um 09:21
Hallo Iris, genau das meine ich und stimme dir absolut zu. Man muss mit ihm sprechen und das, was er sagt und wie er es sagt nehmen – und dann ihn mit Hulot selber konfrontieren 😉