Ich habe soeben an der Umfrage der Stadt Aachen teilgenommen. Die Bürger der Stadt Aachen haben bis zum 7. Februar die Möglichkeit einige Fragen die Öcher Haushaltsplanung betreffend zu beantworten. Der Ansatz eines bürgerlichen Meinungsbildes ist nicht verkehrt, die Fragestellung allerdings recht grob.
Allgemeiner Eindruck der Fragen
Die 13 Fragen sind lediglich mit “Ich stimme zu” oder “Ich stimme nicht zu” zu beantworten. Dies vereinfacht dem Teilnehmer zwar die Abstimmung, eine Bewertung ist allerdings weitaus schwieriger. Anhand einiger Fragen aus der Umfrage gehe auf diesen Punkt mal ein:

Frage 1 der Bürgerbefragung
Hier erfährt man, dass Aachen im Mittelfeld liege was die Höhe des Gewerbesteuersatzes angeht. Laut der Tabelle für Gewerbesteuern in NRW liegt Aachen bereits auf Platz 10 von 54 (hier eine von mir dazu angepasste Excel-Tabelle). Bei einer Erhöhung würde man zwar nicht weiter nach oben Klettern, aber einen Anreiz für neue Unternehmen oder Unternehmenserweiterungen sieht anders aus. Zudem ja in den weiteren Fragen die Erhöhung der Grundsteuern A und B zur Debatte steht. Für Firmen könnten so Steuererhöhungen von bis zu 9,5 % ins Haus stehen.
“Bettensteuer”
Frage vier stellt die Frage nach der sogenannten Bettensteuer. Für eine Stadt mit ohnehin zu wenig Hotels und Übernachtungsmöglichkeiten stellt sich mir die Frage, ob dies nicht schon an “Abzocke” grenzt? Der Tourist als solcher hat es eh schon schwer Übernachtungsmöglichkeiten zu finden, für die aufgrund der dadurch resultierenden höheren Nachfrage einen im vergleichsweise hohen Preis zahlt. Ich habe diesen Punkt abgelehnt. Wir brauchen mehr Touristen in Aachen. Sollten sowohl die Gewerbe- als auch die Grundsteuern erhöht werden schreckt dies Investoren für Hotels schon genug ab, eine “Bettensteuer” wäre dann das “Tüpfelchen auf dem i”.
Frage 6: Sollten Lehrer und Angestellte auf öffentlichen Schulhöfen in Zukunft kostenpflichtig parken?
Hier ein eindeutiges JA! Als Unternehmer bekomme ich beispielsweise keine Form eines kostenpflichtigen Dauerparkscheins wenn ich mal länger beim Kunden bin. Auch jeder Angestellte bzw. Erwerbstätige hat das Parkplatzproblem in der Innenstadt. Bei den ganzen Schulen machen die Lehrer und Schulangestellten tagsüber einen signifikanten Teil der Parkplatzbenutzer aus. Hier sollte gleiches Recht für alle gelten. Ich kann nachvollziehen, dass nicht jedem Unternehmer oder Erwerbstätigen ein Dauerparkschein zugesprochen werden kann. Wieso ausgerechnet dem Schulpersonal ?!
Frage 7: Sollen die Parkgebühren an Parkscheinautomaten erhöht werden?
Im Anschluss an die Fragen hat man die Möglichkeit ein Feedbackformular zu nutzen. Bezugnehmend auf Frage sieben habe ich dies auch getan:
Von einer Erhöhung der Parkgebühren sollte man absehen! Es ist schon schwierig genug Parkmöglichkeiten zu finden. Da die Stadt Aachen als “Mutter” der e.v.a. und somit der APAG ist, profitiert man genauso von voll ausgelasteten Parkhäusern. Daher ist ein gutes Konzept für Park & Ride sowie eine bessere! Struktur der ASEAG- Buslinien auch zielführend.
Beispiel:
Die Buslinie 13 der ASEAG ist eine vielgenutzte Linie. Sie fährt fast den kompletten Ring und der Fahrgast hat so in die Innenstadt als auch in die Außenbezirke einen relativ guten Zugang. Durch die recht kurzen Intervalle und beidseitige Fahrtrichtung ist hier ein schneller Transfer innerhalb der Stadt bequem und einfach. ABER: Die 13 fährt nur bis 19 Uhr und kaum am Wochenende. Auch ist die Anbindung anderer Linien an die 13 etwas “ungünstig”. Kombiniert man dies nun mit einem gut funktionierenden Shuttle-System (beispielsweise vom Tivoli-Parkhaus) mit einer Linie, die nur! Tivoli – Bushof – HBF in beide Richtungen fährt, so hat man ein effizientes und vor allem schnelles Verkehrsmittel. So sollte die Linie 13 nicht den “Schlenk” in/durch die Pontstraße machen sondern konsequent den “Graben” fahren: Also statt durch die Königsstraße die Turmstraße fahren.
Frage 8: Soll die Stadt Aachen, das aus eigenen städtischen Mitteln finanzierte beitragsfreie Kindergartenjahr (3. – 4. Lebensjahr), abschaffen?
Ich habe damals schon nicht verstanden, warum man ein beitragsfreies Kindergartenjahr eingeführt hat. Hier fehlt mir allerdings auch der Vergleich. Wo gibt es noch Städte und Kommunen mit beitragsfreiem Jahr? Ich habe der Abschaffung zugestimmt aus dem finanziellen Grund. Steinigen lassen will ich mich dafür zwar nicht, aber über Aufklärung würde ich mich von Euch Lesern freuen 😉
Frage 10: Soll der Preis des bisherigen 1-Euro-Tickets auf 1,40 Euro erhöht werden?
Nachdem der City-XL-Tarif erst vor gut einem Jahr im Oktober 2009 auf 1 € gesenkt hat , soll dieser faire und gut akzeptierte Preis wieder erhöht werden ? Dieses Geld fliest natürlich erst einmal an die ASEAG die eine Tochter der e.v.a. ist und somit 100% städtisch ist. Ähnlich wie bei meinem Beispiel zur besseren Parkhausaunutzung sollte man auch die Busverbindungen und -linien optimieren. Siehe mein Feedback auf die Umfrage.
Frage 11: Soll die Stadtverwaltung zwischen Weihnachten und Neujahr Betriebsferien machen?
Hier habe ich zugestimmt. Durch Freunde, Bekannte und Verwandte weiss ich um die Überstundenproblematik und den geringen Publikumsverkehr “zwischen den Tagen”. Hier die angefallenen Überstunden und Resturlaubstage zu nutzen ist sinnvoll.
Frage 13: Zusatzfrage: Sollen im kulturellen Angebot zukünftig Einsparungen vorgenommen werden?
Hier habe ich direkt “Ich stimme nicht zu” ausgewählt. Kulturelle Veranstaltungen locken Touristen, Gäste aber auch die Einheimischen in die Stadt. Nimmt man den Bezug zur “Bettensteuer”, so kann man aus rein logischen Aspekten nicht hingehen und die Übernachtungspreise erhöhen und gleichzeitig das Angebot, aufgrund dessen die Menschen ja auch oft kommen, herunterfahren. Weiterhin sind es unter anderem genau diese kulturellen Dinge, die Oche lebenswert machen.
Fazit
Natürlich ist Sparen angesagt im tollen Aachen aber bevor man teils hintergrundlose Fragen an den Bürger stellt, sollte man einfache Einsparungen doch vornehmen: Beispiel: Als Anhänger der Alemannia aber auch Steuerzahler in Aachen bin ich der Überzeugung, dass eine Stadt keine VIP-Loge im Tivoli für 30.000€ per anno braucht. Es gibt unzählige weitere Ansatzpunkte (die Ihr mir auch gerne in die Kommentare schreiben dürft!), die ich bei einer anderen Gelegenheit gerne aufgreife.
5 Kommentare
Michael Servos · 20. Januar 2011 um 16:13
Hallo Friedrich,
ich finde es klasse, dass Du Dich mit den Fragen befasst hast – leider halte ich die Ergebnisse der Umfrage jedoch für absolut unverwertbar -> http://www.michaelservos.de/?p=3919
Trotzdem möchte ich Dir UNBEDINGT inhaltlich widersprechen:
1) Bettensteuer
Die Preise müssen doch durch die Reduktion der Mehrwertsteuer gesunken sein, oder? Es geht also nicht um eine Erhöhung ggü. 2010 sondern um den Status Quo. Die zusätzlichen Kosten von 5-6 Euro pro Nacht werden Touristen sicherlich nicht abschrecken. Ob ich 300 oder 310 Euro für ein Wochenende in Aachen (p.P. inkl. Eintritten, Essen, Getränken) zahle macht da eher weniger aus, wenn für die 10 Euro z.B. die Museumslandschaft erhalten bleiben kann. -> http://www.spd-aachen.de/db/docs/doc_27365_201012614326.pdf
2)Parkgebühren
Du sagst selber, dass die APAG der Stadt gehört und man kaum einen Parkplatz in der Stadt findet. Da könnte doch die Nachfrage den Preis bestimmen, die Preiserhöhung beim Fahrbahnrandparken die Auslastung der APAG-Parkhäuser stärken und es den Anwohnern erleichtern, einen Platz zu finden oder?
3)Kita-Jahr
Das Angebot ermöglicht es, armen Familien ihre Kinder schon früh in die Betreuung zu geben. Für viele Familien ist es anders nicht möglich, ihre Kinder versorgt zu wissen, während Mutter/Vater arbeiten sind. Dadurch, dass das Land das dritte Jahr kostenfrei stellt, ist auf diese Weise nur noch ein Jahr übrig, das gezahlt werden muss. Meiner Meinung nach gehört Bildung sowieso grundsätzlich kostenfrei – von der Kita bis zur beruflichen Weiterbildung!
Aber wie gesagt, es steht ja schon fest, dass unsere Meinung – sofern wir sie nur über die Umfrage äußern – sowieso nicht zählen wird und kann.
Grüße
Michael
Friedrich Jeschke · 20. Januar 2011 um 16:23
Hi Michael,
zur Bettensteuer: Natürlich spielen 5-10 € eher die untergeordnete Rolle und machen im Pro und Kontra eines Besuches der Stadt Aachen wahrlich nicht aus. Allerdings würde eine Erhöhung der “Bettensteuer” in Kombination einer Einsparung im Kulturressort von der Darstellung erheblich uncool herüberkommen. Ich halte beide Punkte für abschreckend für dringend benötigte Investoren für das Hotelgewerbe!
zum Parken: Ich formuliere es gerne etwas um: Es muss ein viel besseres und durchdachteres Park- und Bussystem erarbeitet bzw. eingeführt werden. Die Parkhäuser liegen ja nicht alle ungünstig. Auch das Parkhaus am Spielcasino/Eurogress könnte man beispielsweise bei effizienterer Planung der Linie 13 besser einbinden. Eine Erhöhung der Parkgebühren würde, an der in meinen Augen chaotischen Parksituation, nicht helfen und nur kurzfristig Geld in die Kasse spülen.
zum Kitageld: Nachvollziehbar und aufschlussreich!
Danke für die Infos 😉
Michael Servos · 21. Januar 2011 um 10:10
Hey Friedrich,
@Bettensteuer: Ja, deshalb bin ich persönlich für die Bettensteuer und gegen Einsparungen im Kulturbereich. 😉
An Investoren im Hotelbereich fehlt es übrigens nicht. Derzeit sind mehrere Hotels in Planung.
@Parken: Ja, das muss kombiniert werden. Bessere Busanbindung der Parkhäuser außerhalb bei gleichzeitiger Erhöhung der Fahrbahnrandparkplätze innerhalb des Rings. Das Parkhaus Bushof ist übrigens perfekt angebunden, aber bei weitem nicht ausgelastet.
Da lässt sich aber in der Tat drüber streiten…
Viele Grüße
Michael
Michael Servos · 21. Januar 2011 um 15:28
Korrektur:
“Erhöhung der Fahrbahnrandparkplätze”
muss heißen
“Erhöhung der Gebühren für Fahrbahnrandparkplätze”
*wups*
Öcher : Mitmachen! – Der Friedri.ch · 17. November 2011 um 12:18
[…] die Möglichkeit eingeräumt, bei der Haushaltsplanung mitzuwirken. Wie schon im Januar 2012 (hier meine Eindrücke vom Jahresbeginn), ist aber auch dieses Mal die Bürgerbeteiligung gut gemeint, aber alles andere als gut […]