Ich finde es befremdlich was sich gerade im Braunkohlerevier NRW abspielt. Da verhärten sich Fronten. Was mir dabei durch den Kopf geht:
Vertreter*innen und Beamte des Rechtsstaates – genauer der Polizei – werden attackiert und mit Scheiße beschmissen. Dies ist ja legitim im Zuge des zivilen Ungehorsams. Was für ein Unsinn! Die Polizei schützt unsere Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dass es alleine so einen Protest gibt zeigt es.
Zu dem zivilen Ungehorsam gehört es auch Häuser zu besetzen. Argumentation: Knapper Wohnraum. Diese Aktivisten werden gar Gandhi und Martin Luther King gleichgesetzt. Für mich hinkt dieser Vergleich gewaltig. King und Gandhi opferten sich für Menschenrechte und die Repression war stärker. Rassismus stand auf an der Tagesordnung. Davon sind wir heute weit entfernt, wenngleich es leider vereinzelt und wieder zunehmend schlimme Vorfälle gibt – dennoch: Es ist ein ganz anderer Kampf.
Aber wie sieht es auf der anderen Seite aus?
Der RWE-Chef verkündet vollmundig der Wald sei ja nicht mehr zu retten. Fakenews?! Der Landersvater Armin Laschet lässt sich nur bei den Kumpels blicken. Deren Jobs sind ja in Gefahr. Da ist sicherlich Solidarität angebracht – aber hat RWE nicht volle Kassen und exportiert gar Strom? Ist vielleicht eher die Dividende von RWE in Gefahr?
Sind nicht mangelnde politische (Land und Bund) und unternehmerische (RWE) Entscheidungen verantwortlich?
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Man kann durchaus für den Ausstieg der Braunkohleenergie – die dreckigste Form der Energiegewinnung – sein und gleichzeitig Klimaaktivist*in.
Doch bei der Demo der Kumpels sieht es leider nicht besser aus. Da sind Protestplakate zu sehen, die in Punkto Sachlichkeit genauso zu wünschen übrig lassen. Bei einer vorherigen Demo macht man extra Halt vor dem Privathaus(!) einer Anwohnerin und friedlichen Aktivistin, die gleichzeitig in der Kohlekommission sitzt. Als ob eine Anwohnerin nicht an die Nachbarn denkt die bei RWE arbeiten. Bei diesem fragwürdigen Protest ist der Betriebsrat von RWE dabei. Ist das noch Protest? Ich denke nein. Hier wird ebenfalls die Grenze deutlich überschritten.
Politik und RWE ducken sich vor der Lösung. Statt den Konflikt nicht so weit kommen zu lassen – zum Beispiel Abwarten der Kohlekommission – schaukelt man alle Seiten hoch. Anwohner*innen, friedliche Aktivisten, RWE-Mitarbeiter*innen und Polizei sind die Leidtragenden.
RWE macht die eigenen Leute Mobil, deren Zukunft man lange ignoriert hat. Plötzlich hat man Geld für seine Truppe: Busse und Brötchen statt Konzepte und Ideen.
Das Land schickt die Polizei statt die Schlichtung. Ministerpräsident und Heimatminister sind auf Tauchstation wo es einen dicken Konflikt um Heimat von Kumpeln und Anwohnern gibt.
Am Ende gibt es nur Verlierer – weil man die Zukunft zu lange ignoriert hat. Nun sind die Fronten verhärtet. Pro Wald und Ökosystem zu sein, gegen eine Rodung und gleichzeitig gegen Krawallaktivismus, gegen Haus- und Baggerbesetzungen, gegen Gewalt von und gegen Polizei – das scheint unmöglich. Da bekommt man es von beiden Seiten.
Wo sind die, die die Gemüter beruhigen und die möglichen Lösungen diskutieren?
Links:
Faktencheck: Wie viele Arbeitsplätze hängen an der Braunkohle?
Große Mehrheit wünscht sich stärkeres Engagement der Bundesregierung beim Klimaschutz
Faktenfinder: Ist ein Kohleausstieg “vollkommen abwegig”?
Hambacher Forst: DW-Faktencheck
Darf RWE den Hambacher Wald überhaupt roden? Wird die Kohle unter dem Wald für die Energieversorgung noch gebraucht? Passt Kohlekraft zu den Klimazielen und wer heizt den Konflikt an?
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