Wenn der Hass regiert

Die letzten Wochen waren für meinen jugendlichen Paten eine Qual – und ich als Pate dachte: Was geschieht hier überhaupt? Mein Pate ist 18 Jahre jung und kommt aus Marokko. Seit Silvester schämt er sich für seine Herkunft. Er ist seit zwei Jahren hier und man könnte ihn als Mischung aus Wirtschafts- und Politikflüchtling bezeichnen. Er hat binnen zwei Jahren ein besseres Deutsch gelernt als so mancher Einheimischer und einen klasse Hauptschulabschluss gemacht.

Sein Vormund und auch ich als Pate sagten ihm: Mache deinen Abschluss, mache keinen Scheiß und lerne Deutsch – dann haben wir Chancen auf eine Ausbildungsstelle. Hat er sensationell umgesetzt. Und auch schnell eine Ausbildungsstelle bekommen. Ich meine: entweder es gibt zu wenig oder zu schlechte Deutsche Jugendliche die eine Ausbildungsstelle wollen. Wie ist sonst zu erklären, dass der junge Mann nach seinen Probearbeiten und Praktika direkt einen Ausbildungsvertrag vorgelegt bekommen hat?

Doch dann die Bürokratie: Ausbildungsvertrag – ja, denn gibt es erst mit Arbeitserlaubnis. Arbeitserlaubnis vom Amt gibt es erst, wenn es einen Ausbildungsvertrag gibt. Und damit nicht genug: Plötzlich wird der Junge durchleuchtet und jeder Stein, den man in den Weg legen kann wird hingelegt. Jede mögliche Hürde aufgebaut. Am Ende war alles gut. Es wurde nix gefunden. Die Ausbildung konnte dann mit einem Monat Verzögerung starten.

Und mein Jugendlicher ist ja keine Ausnahme. Dieser Tage machte die Aktion der STRASSER Bauunternehmung GmbH die Runde. Das Bayrische Unternehmen kämpft für einen Mitarbeiter und Kollegen der abgeschoben werden soll. Er zahlt Steuern und Miete vom eigenen Gehalt. Wo ist der Mann eine Gefahr oder eine “Belastung”? Baustellen werden dafür bestreikt.

Und auch regional gibt es das Beispiel des Syrischen Mannes in Eschweiler, der wohl eher keine Gefahr für uns darstellt und sich selber versorgen könnte – wenn man Ihn den ließe. Doch statt ihn arbeiten zu lassen kommen sämtliche Hürden wieder aus der BAMF-Kammer. So sieht es in Homs übrigens mittlerweile aus:

https://www.youtube.com/watch?v=5NUQ1BvF5Ts

Es sind Beispiele für Menschen, die hier integriert sind. Menschen, die für sich selber sorgen können und auch wollen. Doch lässt man sich in Deutschland wohl so sehr von einer Angst treiben, dass man diese Menschen gleich ausschließt. Jepp, es gibt auch die Menschen, die sprachlich und menschlich schwer zu integrieren sind – doch wieso lassen wir dafür die „Guten“ außen vor?

Ich frage mich, warum wir alle – wir Deutsche – uns das Leben immer selber so viel schwerer machen als notwendig. Da gehen Kriminelle und Nazis plötzlich für Rentner, Obdachlose und Kinder auf die Straße – aber erst nachdem übrigens deutlich weniger Menschen als gedacht zu uns kamen, da die Behörden sich verzählt haben. Wo waren diese volksnahen und volksliebenden Menschen eigentlich vorher? Leute, da kommen Ratten aus ihren Löchern weil es gegen Ausländer geht. Für den Opi nebenan haben die Jahre nix gemacht.

Aber warum aufregen? Nun, wir leben in einem der sichersten und wohlhabendsten Länder der Welt. Unsere Vorsicht und auch die Lehren aus der Vergangenheit haben uns zu der Nation gemacht, um die die Welt uns beneidet. Nach Nazis und Holocaust, getrenntem und wiedervereintem Land, der Weg zu einer der wichtigsten wirtschaftlichen und technischen Länder auf dem Weltmarkt – warum lieben alle Deutschland nur wir selber nicht? Statt dessen lese ich „Bald ist das vorbei wenn es so weitergeht!“ – Da ist was dran, doch es macht das Volk krank,

  • wenn man weiter Angst statt Argumenten folgt.
  • wenn man als engagierter und menschenfreundlicher Gutmensch beschimpft, beleidigt und teils bedroht wird – und der Staat es zulässt.
  • wenn man Menschen nicht mehr ernst nimmt und sie unterschiedlich behandelt.

Nicht die Flüchtlinge und Ausländer sind die Krankheit, sondern der Hass. Der Hass, der sich immer mehr entlädt und vor allem in den sozialen Medien regelrecht rausgerotzt wird. Die Hemmschwelle ist gesunken. Dies beweisen die gestiegenen politischen Straftaten links wie rechts – aber vor allem rechts. Als ich dann heute mit verschnupfter Nase, brennendem Hals und schmerzenden Ohren beim Arzt saß, las ich wiederum bei facebook das Zitat von Filmemacher Marc Quambusch:

Ich erkenne in der bürgerlichen Mitte immer mehr Hang zu faschistoiden Ansichten. Das ist brandgefährlich.

Das ist es was krank macht werte Regierung. Und statt in die Banken zu wechseln oder weiterhin die kapitalen Systeme dieser Welt zu priorisieren, wäre es Zeit noch mehr die Menschen in den Fokus zu rücken. Doch wer Afghanistan als sicheres Herkunftsland sieht und 15 Milliarden Euro Förderung bewilligt, der verspielt das letzte bisschen Restvertrauen. Übrigens 9 Milliarden mehr als man für Europas Jugend bereitgestellt hat. Der Nährboden für die rassistischen und nationalistischen Erreger wird geradezu wie ein Teppich ausgerollt…


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