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Im Februar 2014 schrieb ich an den Präsidenten des EU-Parlaments Martin Schulz meine Bedenken hinsichtlich des transatlantischen Freihandelsabkommens #TTIP.

Doch zunächst: Was ist dieses #TTIP? Daher einige Links dazu:
Süddeutsche Zeitung: Was das Freihandelsabkommen für Verbraucher und Unternehmen bedeutet

Arte-journal: Was man über das Freihandelsabkommen EU-USA (TTIP) wissen sollte

Martin Schulz und die Europa-SPD haben nun vor Ostern dem Abkommen zugestimmt – so berichtet es die Süddeutsche Zeitung am 1. Mai »EU-Parlament winkt Sonderrechte für Großkonzerne durch. Zitat:

Während die Konsultationen zum Investorenschutz noch laufen, hat das EU-Parlament bereits Fakten geschaffen mit einer Abstimmung kurz vor Ostern. Trotz aller Bedenken winkte die Mehrheit der Abgeordneten eine Verfahrensverordnung für Investorenschutzregeln durch, gegen die Stimmen von Grünen und Linken.

Im Dezember 2013 hatte ich dem Büro Schulzes ein paar Fragen und Bedenken zu #TTIP zukommen lassen. In der Antwort, die Herr Schulz über das Referat Bürgeranfragen des Europäisches Parlaments beantworten ließ, wird Schulz wie folgt zitiert:

Und das Europäische Parlament wird sicherstellen, dass die Interessen unserer Bürger gewahrt bleiben und dass es keine übertriebene Eile gibt. […]Wir werden unsere Zustimmung – die erforderlich ist, damit das Abkommen in Kraft treten kann – nur erteilen, wenn wir überzeugt sind, dass die Interessen unserer Bürger und die Interessen der EU als Ganzes gewahrt sind. / Marin Schulz am 16.10.2013

Meine Frage schilderte ich zunächst via Twitter und die SPD verwies auf Aussagen aus dem Februar und dem März.

Antwort der SPD-Europa:

Der Artikel der Süddeutschen Zeitung stellt die Sachlage äußerst verzerrt dar. Die Abstimmung am 16. April in Straßburg hatte nichts mit TTIP zu tun, wie wiederholt durch die SZ suggeriert. Die SPD-Abgeordneten bleiben unverändert bei ihrer Position, TTIP abzulehnen, wenn Investor-Staat-Schiedsverfahren enthalten sein sollten.

Folgenden Brief hat das Büro unseres handelspolitischen Sprechers, Bernd Lange, deshalb gestern an die Autorin des SZ-Artikels geschrieben:

—————————

Sehr geehrte Frau Liebrich,
mit einiger Verwunderung haben wir in der SPD-Delegation im Europäischen Parlament Ihren heute in der SZ erschienenen Artikel und die darin enthaltenen Statements von Frau Eberhardt zur Kenntnis genommen.

Zwar ging es bei der Abstimmung am 16. April zur Finanziellen Verantwortung in ISDS-Fällen in der Tat um das “Wie” – allerdings beileibe nicht um das “Ob” von ISDS (4. Absatz des Artikels). Die Abstimmung über die finanzielle Zuständigkeit im Falle eines Investor-Staat-Schiedsverfahrens (ISDS) am 16. April in Straßburg hat zudem nichts mit TTIP zu tun, wie wiederholt durch die SZ suggeriert.

Es galt vielmehr, die generellen Verantwortlichkeiten zwischen der EU und den Mitgliedstaaten im Falle von ISDS-Schiedsverfahren zu klären – wer muss solche Verfahren bezahlen und wer ist Partei vor Gericht. Eine klare Regelung dieser Zuständigkeiten ist notwendig geworden, da Investitionsschutzabkommen mit dem Lissabonvertrag im Jahr 2009 in die Kompetenz der EU übertragen wurden.

Selbst wenn es kein weiteres Investitionsabkommen mit irgendeinem Land auf dieser Erde gäbe, welches Investor-Staat-Schiedsverfahren beinhalten würde, bräuchten wir eine solche Regelung. Denn leider haben wir bereits ein Abkommen in Kraft, das solche Investor-Staat-Schiedsverfahren beinhaltet: die Energiecharta. Man braucht Regelungen wie am 16. April verabschiedet deshalb schon aufgrund bestehender Abkommen! Dass das nun verabschiedete Gesetz “solche Klagen erst ermöglicht” ist deshalb Quatsch. Ermöglichen tun solche Klagen ausschließlich bestehende oder zukünftige Investitionsschutzabkommen.

Dass das Gesetz “heimlich durchgewunken” wurde ist ebenfalls falsch – kein Gesetz wird im Europäischen Parlament heimlich durchgewunken. Alle Debatten und Abstimmungen sowie Änderungsanträge sind öffentlich.

Das alles wird dann auch noch garniert mit dem Vorwurf, die SPD würde sich scheinheilig verhalten. Dieser Vorwurf geht an den Fakten vorbei. Die SPD-Abgeordneten bleiben unverändert bei ihrer Position, TTIP abzulehnen, wenn ISDS enthalten sein sollte. Scheinheiligkeit sollte man hingegen eher denen vorwerfen, die die Fakten bewusst verzerren und die Abstimmung am 16. April als generelle Zustimmung zu ISDS uminterpretieren wollen – oft bewusst und wider besseres Wissen.

In jedem Falle würde Herr Lange sich freuen, wenn Sie auch mit ihm zu diesem wichtigen Thema ins Gespräch kommen würden.

Über eine Rückmeldung würden wir uns deshalb freuen.
Quelle: facebook 

Halten wir einfach fest: Auch die Süddeutsche Zeitung muss mehr und mehr mit Vorsicht gelesen werden. Es wird zunehmend schwerer sich Fakten zu beschaffen und diese zu bewerten. Spiegel, Stern, SZ und Co – was stimmt noch und was nicht? Ich möchte mich nicht an einer pauschalen Medienhetze beteiligen, aber sollte es nicht gerade Aufgabe des Fachjournalismus sein Sachverhalte aus allen Blickwinkeln aufzuzeigen? Derartig verwirrende Meldungen helfen irgendwie keiner Seite weiter – unabhängig ob Pro oder Contra #TTIP.

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