
Kommentar: Zwischen Schild und Wirklichkeit – was die Spielplatz-Debatte in Köln wirklich zeigt
Ein einstimmiger Beschluss des Jugendhilfeausschusses der Stadt Köln (siehe PDF)– das kommt nicht alle Tage vor. Umso bemerkenswerter, dass genau dieser einstimmige Beschluss zur stärkeren Kennzeichnung von Spielplätzen nun bundesweit für Kopfschütteln sorgt.
Warum? Weil daraus eine Debatte gemacht wurde, die mit der eigentlichen Entscheidung wenig zu tun hat.
Was ist geschehen?
Der Ausschuss hat 2023 beschlossen, dass Spielplätze künftig so gestaltet oder beschildert werden sollen, dass klar wird: Auch Jugendliche sollen Orte haben, an denen sie sich aufhalten dürfen. Die Realität: Viele der existierenden Schilder oder Gestaltungen richten sich ausschließlich an Kleinkinder – implizit und manchmal explizit. In einer Stadt, in der Jugendliche oft keinen öffentlichen Raum finden, ist das ein fatales Signal.

Zwei (zu lange) Jahre dauerte es, bis die Verwaltung das umsetzte. Nun sind erste Schilder montiert – mit neutralerer Aufschrift oder ohne das Wort „Spielplatz“.
Prompt folgte die mediale Erregung: Von einer „Abschaffung des Spielplatzes“ ist die Rede, als würde Köln eine Kindheitskultur tilgen. Selbst die Oberbürgermeisterin äußert öffentlich ihr Unverständnis – obwohl ihre eigene Verwaltung schlicht einem demokratisch legitimierten Beschluss nachkam.
Wer die Ratsvorlage liest – oder den Beitrag von Ratsmitglied Manuel – merkt schnell: Es geht hier nicht um das Ende der Spielplätze. Es geht um die Jugendlichen im öffentlichen Raum, um altersgerechte Gestaltung und um das Aufbrechen alter Schubladen. Kinder, Jugendliche, Familien, Menschen mit und ohne Behinderung – sie alle brauchen Freiräume. Nicht nur gedanklich, sondern sichtbar und erlebbar.
In Köln gibt es über 700 Spiel- und Bolzplätze, die ausdrücklich sowohl für Kinder als auch für Jugendliche gedacht sind. Neben klassischen Spielplätzen gibt es in Köln auch zahlreiche Skate- und Basketballplätze, Bewegungsparcours, Pumptracks, Outdoor-Gyms und andere spezielle Angebote, die gezielt auch auf die Bedürfnisse Jugendlicher ausgerichtet sind.
Die eigentliche Frage ist daher nicht: „Wie kann man nur das Wort Spielplatz abschaffen?“ Sondern: Wie ernst ist es uns mit Teilhabe? Mit der Öffnung von Räumen für eine vielfältige Stadtgesellschaft?
Köln hat hier einen vorsichtigen, gut begründeten Schritt getan.
Die Aufregung zeigt eher, wie tief unsere Bilder von Kindheit und öffentlichem Raum noch in der Vergangenheit hängen – und wie nur über Überschriften diskutiert wird.
In diesem Sinne lohnt sich ein zweiter Blick. Nicht nur auf das Schild – sondern auf das, was es eigentlich ermöglichen soll.
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