
Erst die “Maulkorb”-Schlagzeilen – jetzt Fakten und Haltung: so spreche ich über Migration, jeden Tag, ohne Beschönigung.
Migration ist nach wie vor eines der prägenden Themen unserer Zeit. Doch die Debatte ist oft von Emotionen und Parolen geprägt, während sachliche Lösungsansätze in den Hintergrund treten. Als Volt-Mitglied aus Köln, einer Stadt, die traditionell weltoffen ist und stolz auf ihre Vielfalt, möchte ich eine ehrliche Bestandsaufnahme wagen – ohne Schönreden, aber auch ohne Populismus.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Deutschland ist auf Migration angewiesen. Der demografische Wandel wird bis 2030 zu einem Verlust von fast vier Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter führen, wenn wir nicht durch Zuwanderung gegensteuern. Gleichzeitig zeigen die aktuellen Daten, dass 2024 die Asylverfahren im Durchschnitt 8,7 Monate dauerten – ein Anstieg gegenüber den 6,8 Monaten von 2023. Diese Entwicklung macht deutlich: Wir haben strukturelle Probleme, die pragmatische Lösungen erfordern.[1][2][3]
Die Realitäten anerkennen – ohne Tabus
Falsche Versprechungen und Desinformation
Entgegen der oft einseitigen Berichterstattung sprechen keineswegs alle Parteien nur positiv über Migration. Die Realität ist komplexer. Ein häufig diskutiertes Problem ist tatsächlich, dass Migrant:innen nach Europa kommen, weil ihnen falsche Versprechungen und Hoffnungen gemacht werden. Die EU hat deshalb bereits 2016 rund 105 Millionen Euro in Informationskampagnen in Herkunfts- und Transitländern investiert. Diese Kampagnen sollen über die tatsächlichen Bedingungen, Gefahren der Fluchtrouten und rechtlichen Möglichkeiten aufklären. Studien zeigen jedoch, dass die Wirksamkeit solcher Kampagnen begrenzt ist, da sich potenzielle Migrant:innen oft auf persönliche Netzwerke und Erfahrungsberichte aus ihrer Community verlassen.[4]
Kriminalität und kulturelle Konflikte
Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 zeigt: “Zuwanderer” stellten 8,8 Prozent aller Tatverdächtigen, obwohl ihr Bevölkerungsanteil auf etwa 4 Prozent geschätzt wird. Diese Überrepräsentation ist jedoch differenziert zu betrachten. Sie erklärt sich teilweise durch die Altersstruktur: 32,8 Prozent der Asylerstantragsteller sind junge Männer zwischen 16 und 29 Jahren, während dieser Anteil in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund nur 7,2 Prozent beträgt. Zudem werden Straftaten in Gemeinschaftsunterkünften häufiger bekannt als in verfestigten Lebensverhältnissen.[5][6]
Dennoch: Kriminalität ist vorhanden, kulturelle Unterschiede führen unstrittig zu Konflikten und auch zu Straftaten. Dies zu leugnen wäre unehrlich. Die große Mehrheit der Geflüchteten wird nicht straffällig, aber es gibt einen kleinen Teil von Hochbelasteten – genau wie in der Gesamtbevölkerung auch.[6][5]
Belastung für Polizei und Behörden
Die verschärften Grenzkontrollen seit Mai 2025 haben die Belastungsgrenzen der Bundespolizei deutlich gemacht. 2,8 Millionen Überstunden stehen lediglich 285 Zurückweisungen von Asylsuchenden gegenüber. Die Gewerkschaft der Polizei warnt, dass die intensiven Kontrollen nur noch wenige Wochen aufrechterhalten werden können. Diese Zahlen belegen: Grenzkontrollen sind personalintensiv und in ihrer aktuellen Form nicht nachhaltig.[7][8][9][10]
Erschleichung von Sozialleistungen
Das Problem der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Sozialleistungen betrifft nicht nur ausländische, sondern auch deutsche Leistungsbezieher. Organisierte Strukturen, wie sie etwa in Duisburg dokumentiert wurden, nutzen Lücken im Sozialgesetzbuch aus: Familien können bereits mit einem Minijob oder der Anmeldung eines Kindes in der Schule Bürgergeld beziehen, auch wenn sie nie zu Terminen erscheinen. Doch dieses Problem ist nicht spezifisch für Migration – Deutsche nutzen dieselben Schlupflöcher.[11][12][13]
Konstruktive Lösungsansätze
Aufklärung in den Herkunftsländern
Die EU und Deutschland müssen ihre Informationskampagnen in den Herkunftsländern verstärken und professionalisieren. Besonders wichtig ist die Aufklärung über wirtschaftliche Migration, wenn kein Kriegsgrund vorliegt. Ja, diese Infokampagnen kosten Geld – aber sie sind günstiger als die Folgekosten gescheiterter Migration. Erfolgreiche Programme setzen auf lokale Multiplikatoren und nutzen bereits bestehende Netzwerke.[4]
Demografischer Wandel erfordert qualifizierte Zuwanderung
Deutschland benötigt nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung jährlich 288.000 bis 400.000 Zuwanderer, um das Arbeitskräftepotential zu stabilisieren. Der Anteil ausländischer Beschäftigter ist seit 2010 von 8 auf 16,1 Prozent gestiegen – Dreiviertel der zwischen 2010 und 2023 neu geschaffenen Stellen wurden mit ausländischen Arbeitskräften besetzt. Diese sind “unverzichtbar für Wohlstand und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme”, so die Bundesregierung.[14][15][16][17]
Brückenbauer aus den Communities
Wir brauchen dringend mehr Menschen mit Migrationshintergrund als Brückenbauer, die in ihrer Muttersprache aufklären, mahnen, ausbilden und integrieren. Das Beispiel Ludwigshafen zeigt: 46 aktive “Brückenbauer” aus 25 Ländern mit Kompetenzen in 37 Sprachen unterstützen bei Übersetzung, Kulturvermittlung und Konfliktlösung. Solche Programme müssen flächendeckend ausgebaut werden.[18][19]
Mehr migrantische Menschen in Politik und Verwaltung
Derzeit sind Menschen mit Migrationshintergrund in Politik und Verwaltung unterrepräsentiert. Ihre Perspektiven und Erfahrungen sind jedoch essentiell für eine erfolgreiche Integrationspolitik. Community Connectors, wie sie in Düsseldorf erfolgreich eingesetzt werden, schaffen direkte Kommunikationskanäle zwischen Verwaltung und Communities.[20]
Schnellere Verfahren und klare Konsequenzen
Die Asylverfahren dauern derzeit durchschnittlich 8,7 Monate, bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung sogar 14,5 Monate. Besonders lange warten Antragsteller aus westafrikanischen Ländern – bis zu 20 Monate. Diese Dauer ist sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft problematisch. Schnellverfahren für Länder mit geringer Anerkennungsquote zeigen: 72 Prozent der Verfahren aus Georgien, Moldau und den Westbalkanstaaten können innerhalb von drei Wochen abgeschlossen werden.[2][21][3]
Arbeit als Integrationshebel
Menschen sollen schneller arbeiten dürfen und sich über Kolleg:innen integrieren können. Wer arbeitet, sollte automatisch eine Duldung erhalten. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit der “Chancenkarte” und dem “Spurwechsel” ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch Unternehmen brauchen Planungssicherheit bei der Personaleinsatzplanung.[16]
Religionsunterricht in staatliche Verantwortung
Der Religionsunterricht sollte stärker in staatliche Hände gelegt werden, ohne die Religionsgemeinschaften auszuschließen. Artikel 7 des Grundgesetzes macht Religionsunterricht zu einem ordentlichen Lehrfach, aber die Inhalte bestimmen die Religionsgemeinschaften. Ein säkularerer Ansatz könnte Radikalisierung vorbeugen und Integration fördern.[22][23]
Gentrifizierung und Problemviertel verhindern
Bezahlbarer Wohnraum ist entscheidend, damit Armut und Perspektivlosigkeit nicht zu sozialen Brennpunkten führen. Gentrifizierung verdrängt oft gerade die Menschen, die Unterstützung brauchen, in Gebiete mit schlechterer Infrastruktur. Eine vorausschauende Stadtplanung muss soziale Durchmischung fördern, statt Segregation zu verstärken.[24][25][26]
Volt Europa als Lösungsansatz
Als paneuropäische Partei hat Volt Europa bereits ein umfassendes Migrationsprogramm entwickelt. Wir fordern ein effizientes, faires und humanes europäisches Asylsystem mit einheitlichen Verfahren und solidarischer Lastenteilung. Asylverfahren sollen auf maximal drei Monate verkürzt werden, und es braucht legale Migrationswege für alle Qualifikationsstufen.[27][28][29][30]
Volt steht für einen “Chancenjahr”-Ansatz: Abgelehnte Asylbewerber:innen erhalten durch Beschäftigung und Integration die Möglichkeit auf ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Parallel dazu muss die psychosoziale Betreuung traumatisierter Menschen ausgebaut werden.[27]
Köln als Vorbild für Diskussionskultur
In Köln funktioniert Integration, weil hier eine offene Diskussionskultur herrscht. Wer hier vor die Türe und unter Menschen geht, weiß: Es gelten keine Redeverbote. Ganz im Gegenteil! Probleme können respektvoll und direkt angesprochen werden. “Immis” – ob aus Aachen oder Eritrea – haben in Köln ihre eigene Karnevalssitzung. Das zeigt: Integration kann Bereicherung sein, wenn sie richtig gestaltet wird.
Was viele stört, ist nicht das “Was” der Migrationsdebatte, sondern das “Wie”. Lieber jemanden als “woke” oder “links-grün” zu bezeichnen oder gar zu beleidigen, als sich die Mühe zu machen, respektvoll miteinander zu sprechen. Doch nur im persönlichen Gespräch, nicht in den zunehmend von Störenfrieden, Bots und Fakes durchsetzten Online-Diskussionen, können wir Lösungen finden.
Pragmatismus statt Populismus
Migration ist weder Problem noch Allheilmittel – sie ist Realität, die gestaltet werden muss. Die Herausforderungen sind real: lange Verfahren, Überlastung der Behörden, kulturelle Konflikte und ja, auch Kriminalität. Aber die Chancen sind ebenso real: demografischer Wandel macht Zuwanderung notwendig, Integration kann gelingen, und Vielfalt bereichert unsere Gesellschaft.
Wir brauchen mehr Ehrlichkeit in der Debatte, mehr Respekt im Umgang miteinander und vor allem: mehr pragmatische Lösungen statt populistische Parolen. Alles kann und muss Thema sein – aber eben mit Respekt, ohne Rassismus und Klassismus. Das ist der Weg, den Volt Europa einschlägt, und das ist der Weg, der unsere europäischen Werte mit den Realitäten des 21. Jahrhunderts in Einklang bringt.
2. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/asylverfahren-dauer-2024-100.html
3. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/asylverfahren-dauer-104.html
6. https://mediendienst-integration.de/artikel/migration-und-kriminalitaet.html
8. https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/grenzkontrollen-polizei-dobrindt-belastung-100.html
9. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/grenzkontrollen-polizei-gewerkschaft-100.html
10. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-05/gewerkschaft-polizei-grenzkontrolle-ueberlastung
11. http://movements-journal.org/issues/04.bewegungen/06.riedner–aktivierung-durch-ausschluss.html
13. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw24-de-sozialleistungsmissbrauch-1006774
14. https://www.iab-forum.de/warum-braucht-deutschland-400-000-migranten-pro-jahr/
15. https://mediendienst-integration.de/integration/arbeitsmarkt.html
17. https://mediendienst-integration.de/migration/arbeitskraefte.html
18. https://ludwigshafen.de/soziales-gesellschaft/integration/brueckenbauer
19. https://www.netzwerk-iq.de/angebote/iq-konkret/2022/01/artikel
20. https://www.sozialraum.de/community-connectors.php
21. https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1056666
22. https://de.wikipedia.org/wiki/Religionsunterricht_in_Deutschland
23. https://www.studienkreis.de/infothek/journal/religionsunterricht/
24. https://de.wikipedia.org/wiki/Gentrifizierung
25. https://www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/show.php?ID=11383&psid=d
26. https://etosmedia.de/politik/migration-inszeniert-als-vater-aller-gentrifizierung/
28. https://www.tagesschau.de/europawahl/parteien_und_programme/migration-164.html
29. https://www.derfriedri.ch/wie-steht-volt-europa-zur-asyl-migrationspolitik/
30. https://voltdeutschland.org/bw/neuigkeiten/was-heisst-waehlen-rettet-leben
31. https://www1.wdr.de/nachrichten/migration-asyl-flucht-europa-deutschland-nrw-faq-100.html
32. https://mediendienst-integration.de/en/migration/bevoelkerung.html
37. https://mediendienst-integration.de/en/migration/wer-kommt-wer-geht.html
38. https://mediendienst-integration.de/flucht-asyl/zahl-der-fluechtlinge.html
40. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1263965/umfrage/asylantraege-in-der-eu/
41. https://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2024/12/SVR-Kurzbuendig_Einwanderung_2024.pdf
45. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2025/04/pks-2024.html
47. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/grenzkontrollen-romann-100.html
48. https://www.oecd.org/content/dam/oecd/en/topics/policy-issues/migration/Immigrant Integration Germany_de.pdf
50. https://de.statista.com/themen/13128/arbeitsmigration/
51. https://bass.schule.nrw/5125.htm
52. https://doku.iab.de/kurzber/2025/kb2025-17.pdf
53. https://www.deutschlandfunk.de/migration-arbeitsmarkt-fachkraeftemangel-deutschland-100.html
55. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/kriminalstatistik-faq-100.html
57. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197/umfrage/straftaten-in-deutschland-seit-1997/
58. https://www.berlin.de/polizei/verschiedenes/polizeiliche-kriminalstatistik/
59. https://www.justiz.nrw.de/presse/2025-02-19-0
60. https://de.wikipedia.org/wiki/Volt_Deutschland
62. https://voltdeutschland.org/bonn/programm/theme-soziale-gleichberechtigung/integration-bonn
64. https://www.treffpunkteuropa.de/wahlprogramm-check-migrations-und-asylpolitik
65. https://dserver.bundestag.de/btd/20/148/2014830.pdf
66. https://democrats.eu/de/migrationskampagne-2023/
68. https://www.youtube.com/watch?v=_-7d9s1eYRQ
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