
Die CDU bleibt vielerorts stark, doch die (Stich)Wahlen zeigen, wie lokal Politik tatsächlich entschieden wird. In Köln war die Stichwahl– für mich – eine klare Personenwahl. Entscheidend waren für mich Führungsstärke, Umsetzungskultur und eine Kommunikation.
Transparenzhinweis: Ich bin bei Volt aktiv und bin in Köln-Lindenthal selbst angetreten. Die folgenden Punkte sind eine persönliche, sachliche Einordnung.
„Stärkste Kraft CDU“ – aber nicht überall Siegerin
Die Aussage, die CDU sei „die stärkste Kraft“, stimmt in der Summe häufig – vor allem in der Fläche. Aber Stichwahlen sind kein Stimmungsthermometer für die Landespolitik, sondern präzise Stimmungsbarometer konkret vor Ort. Wahlen werden dort entschieden, wo Personen überzeugen, Koalitionen tragfähig sind und Konflikte moderiert werden.
Wer Kommunalpolitik auf reine Lagerlogik verkürzt, übersieht die eigentliche Arbeit – Brücken bauen, Prioritäten setzen, liefern. Das ist selten ideologisch, oft mühsam – und genau deshalb entscheidend. Die (Un)Zufriedenheit mit der Bundespolitik der Partei kommt immer hinzu.
Köln als Beispiel: (M)eine Personenwahl
In Köln stand für mich nicht das Parteibuch im Vordergrund, sondern die Frage: Wer kann eine komplexe Verwaltung führen, Konflikte moderieren und Reformen wirklich umsetzen?
Ich habe beide Kandidierende an Wahlständen angesprochen und mir lokale Formate, wie Podcasts des Kölner Stadtanzeigers angehört. Mein Eindruck: Bei inhaltlichen Nachfragen blieb Berivan Aymaz (Grüne) zu oft allgemein. Thorsten Burmester (SPD) konnte konkreter zur Verwaltungsreform und zum Umgang mit Mehrheiten in Rat und Bezirken antworten – etwa bei konfliktträchtigen Themen rund um Sport, Flächen und Infrastruktur.
Köln braucht jetzt weniger Wunschlisten und mehr Umsetzungskompetenz. Führung heißt für mich: Prozesse ordnen, Prioritäten im Blick behalten und einhalten, Mehrheiten schaffen – und auch „Nein“ zur eigenen Partei sagen.
Ich habe mich in der Stichwahl für Torsten Burmester entschieden, da ich ihm eher zutraue, diese Führungs- und Moderationsrolle auszufüllen. Das war keine SPD-Stimmenabgabe. Weder Berivan noch Torsten waren und sind meine Idealkandidierenden.
Kein Votum gegen Herkunft – und warum Volt keine Wahlempfehlung gab
Berivan Aymaz wurde nicht deshalb mehrheitlich nicht gewählt, weil sie Migrantin ist. Ja, es wird Wählerinnen und Wähler gegeben haben – darunter AfD-Anhängende und offen rassistisch Eingestellte –, die Thorsten Burmester vor allem gewählt haben, um Aymaz zu verhindern. Diese Stimmen existieren und sind Teil eines besorgniserregenden Trends der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und Europa. Doch sie erklären das Ergebnis nicht allein. In einer Stichwahl zählen mehr als Biografie und Symbolik: Führung, Programm und belastbare Antworten auf konkrete Verwaltungsfragen.
Volt hat nach interner Diskussion diesmal auf eine Wahlempfehlung verzichtet. Als Partei, die Vielfalt stärkt und marginalisierte Gruppen schützt, sahen wir sehr wohl die Chance, die Berivan Aymaz verkörpert. Diese Chance bleibt – als stellvertretende Präsidentin des Landtags und als engagierte Kölner Stimme. Dennoch wäre eine Empfehlung ohne eigene Überzeugung in zentralen Sachfragen nicht ehrlich gewesen – und genau diese Überzeugung hat sie (mir) im Wahlkampf zu selten vermittelt. Sonst wäre Volt sicherlich klar für und mit Berivan auf die Straße gegangen in der Nachspielzeit des Wahlkampfes.
Nach zehn Jahren Opposition ist die Wahl eines SPD-Oberbürgermeisters zudem ein Zeichen für den Wunsch nach Veränderung.
Was mir Sorge macht: Viele Stimmen für eine rechtsextreme Partei
Im Ruhrgebiet wurden Stichwahlen mit AfD-Beteiligung klar für die demokratischen Parteien entschieden – das ist gut. Gleichzeitig bleibt die Zahl der Stimmen für eine gesichert rechtsextreme Partei hoch. Als ob es damit in Hagen, Gelsenkirchen und Duisburg getan wäre.
Nach rechts rücken hilft nicht. Die Übernahme von rechten Narrativen schwächt nicht die Rechten – sie normalisiert sie. Was wirkt, ist das Gegenteil:
- Probleme klar benennen
- Demokratische Lösungen liefern
- Konsequent kommunizieren
Wo Vertrauen in die demokratische Praxis wächst, schrumpfen die vermeintlich „einfachen Antworten“.
Viele gute Beschlüsse – zu langsame Wirkung
Wer sich die (Kommunal)Politik genauer anschaut, sieht: Es gibt viele gute Beschlüsse. Was fehlt, ist oft die Umsetzungsgeschwindigkeit und Priorisierung. Das spüren Familien besonders, wenn es um Schulen, Kitas, sichere Wege oder Freizeitangebote geht. Das Spüren Menschen mit geringem Einkommen imemr mehr.
- Prioritäten klären
- Verwaltung befähigen (auch mit ggf. neuen Köpfen im Management)
- Konflikte moderieren
Enger Haushalt, kluge Investitionen
Kommunen stemmen Aufgaben, deren Ursachen und Regeln oft auf Bundes- und Landesebene liegen (Bürgergeld, Unterbringung Geflüchteter) – bei zugleich engen Haushalten. Sondervermögen lösen das Dilemma nur dann, wenn Investitionen zielgenau, nachhaltig und langlebig sind: Schulen, bezahlbarer Wohnraum, klimafeste Infrastruktur, Mobilität, digitale Verwaltung.
Wenn wir heute Schulden aufnehmen, muss morgen spürbar Lebensqualität entstehen.
Wohnen & Studierende: Politik für alle, nicht fürs Klientel
Aachen, Bonn, Köln – Wissensstädte mit Wohnungsdruck. Wer Studierende gegen „die eigentliche Stadtbevölkerung“ ausspielt (wie der Aachener Kaberetist Wendelin Haverkamp), verkennt die nackte Realität: Mehr bezahlbarer Wohnraum für Studierende entlastet den Gesamtmarkt.
Lokaljournalismus & Transparenz
Die Wahlkämpfe wurden medial stark auf OB-Personen fokussiert. Dabei entscheidet oft die Arbeit in Rat und Ausschüssen.
Mein Wunsch:
- Mehr Leistungsberichterstattung: Welche Fraktion stellt welche Anträge, mit welcher Wirkung? Wer baut Mehrheiten, wer blockiert?
- Mindest-Raum für alle demokratischen Parteien: Nicht mathematisch gleich, aber fair.
- Bessere Ratsinfosysteme: Verständlich, barrierefrei und schnell, aktuell – damit Bürgerinnen und Bürger Debatten und Beschlussumsetzungen nachvollziehen können.
Hier liegt eine echte Chance für starken Lokaljournalismus in der digitalen Transformation.
Kann es Torsten Burmester?
Für die neu gewählten Stadtspitzen – in Köln und landesweit – sind für mich drei Dinge ausschlaggebend:
- Moderation auf Augenhöhe: neutral führen, wenn’s um die Stadt geht?
- Liefern: Prioritäten setzen, Stillstände auflösen, Projekte abschließen.
- Kommunikation: Sachlich, ehrlich, transparent – und selbstkritisch.
So bleibt die AfD klein – und die Demokratie groß.
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