Ich bin ein religiöser gläubiger Mensch. Dennoch mache ich mir um die besonderen kirchlichen Feiertage herum auch Gedanken. Gerade am heutigen Tage frage ich noch etwas mehr als sonst: Was ist eigentlich der Mensch wert? Keine Angst, es ist nicht nur eine philosophische Frage.

Die Welt – voller Krisen und Kriege – stellt uns täglich vor neue Herausforderungen. Was bringt wohl die Zukunft? Was kann ich nur gegen all die negativen Berichte unternehmen? Ich will nicht immer nur von Tragödien, schlimmen Ereignissen und dramatischen Entwicklungen demotiviert werden. Es gibt sie zum Glück noch, diese positiven Dinge des Lebens. Ereignisse, Entwicklungen und Schicksale, die eine positive Entwicklung haben können. Man muss aber auch täglich dafür kämpfen.

Und genau darum drehen sich meine Gedanken dieser Tage. Ich möchte Euch anlässlich der Feiertage daran teilhaben lassen.

Täglich für die eigene Motivation kämpfen, Hindernisse überwinden, Gräben überspringen, Gebirge überklettern. Jeder von uns trägt seine Lasten. Doch was ist genau mit den Menschen, die ihre Last nicht mal auf die Schultern bekommen? Die zu schwach sind oder nicht wissen, wie sie diese Last überhaupt tragen können? Manchen Menschen geht es gut. Sie benötigen nur eine Schubkarre oder einen Karton. Andere jedoch benötigen einen LKW – oder gar einen Schwerlasttransporter.

Meistens sorgen Ängste – allen voran um die eigene Existenz – dafür, dass Motivation, Selbstantrieb und der tägliche Kampf ums Glück gar nicht erst ausgetragen werden. Wenn dann noch ein Trauma dran hängt wird es schier unerträglich.

So erleben wir dieser Tage nicht nur Krieg und Wirtschaftskrisen, sondern auch eines der größten Flugzeugunglücke der deutschen Luftfahrt. Allen ist eines gemeinsam: traumatisierte und überforderte Menschen. Auslöser war, so scheint es ja nun bewiesen, selber ein überforderter Co-Pilot. Jemand ohne Ausweg und Perspektive.

Was hätte man nun tun können? Wie die Tragödie verhindern sollen? Ich bleibe bei meiner Aussage auf Twitter:

Und jetzt ein großes ABER: Wir alle sollten jeden Tag versuchen, dies zu verhindern. Dies geht, wenn man Menschen Sicherheit gibt. Zum Beispiel dadurch, dass der Arbeitgeber seinem Angestellten den Rücken stärkt und sagt „Egal was Du hast und wie lange Du krank sein magst – du bist hier fester Bestandteil unseres Unternehmens!“. Ich behaupte – aufgrund diverser Umfragen -, dass dies im konkreten Fall bei Germanwings/Lufthansa zutrifft. Diese Sicherheit sollten wir aber in jeder Situation vermitteln.

Gerade in Deutschland verstärkt sich nun die Kritik an den Medien im Umgang mit dieser Flugzeugtragödie. Es wird auf die traumatisierten Angehörigen verwiesen. Auch die Freunde und Familie des Co-Piloten sollen geschützt werden. Zurecht.

Sind wir mal ganz ehrlich: Es handelt sich um eine Tragödie. Es werden Maßnahmen zum Schutz vor weiteren (so selten sie auch passieren mögen) Tragödien unternommen. Die Menschen zeigen Solidarität mit 150 Toten und deren Angehörigen. Jeder spricht über Flug #4U9525. Über das Schicksal dieser 150 Menschen.

Doch wer spricht über die Toten an den EU-Grenzen – und damit auch über ein Stück deutsche-Grenze? Wenn wir heute über Schlepper und Schleuser sprechen, sind sie alle Kriminelle – aber wirklich alle? Plötzlich ist die Hilfe zur Flucht aus totalitären Ländern pauschal ein Verbrechen.

Da fliehen Menschen vor politischer, religiöser und sexueller Verfolgung. Sie fliehen vor dem Krieg. Sie fliehen vor dem Tod. Und darüber sprechen wir zu wenig! Diesen Menschen schlägt Europa, schlägt Deutschland, die Türe vor der Nase zu. Diesen Menschen lassen wir weniger Aufmerksamkeit zu Teil kommen als tragisch verstorbenen Flugzeugpassagieren.

Dass zum Beispiel ein überaus erfolgreiches Patenprojekt keine Fördergelder mehr bekommen soll, wird nicht mal im Entferntesten so ausgiebig diskutiert. „Ja warum auch?!“ fragt man sich. „Damit diese Menschen Ihre Last tragen können! Damit sie leben können!“ antworte ich.

Europa zahlt Milliarden Euro für die Rettung von Staaten und Banken. Europa zahlt Millionen für eine Grenzsicherung (siehe hier & hier). Europa streicht Millionen bei der Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Europa streicht Integrationsmodellen – wie dem Projekt „Aachener Hände“ – die Gelder. Peanuts im Vergleich zu den Rettungsmilliarden.

Bevor dies nun falsch verstanden wird: Ich stehe zu Europa und ich stehe zu 100% dahinter, dass sämtliche Länder Teil der EU bleiben. Ich stehe aber nicht dahinter, dass derzeit die Banken ihre Sorgen los sind und die EU falsche Signale sendet.

Platt ausgedrückt geht gerade Geld zählt mehr als ein Menschenleben. Finanzielle Aspekte vor Gesundheit. Mit der Flüchtlingsproblematik ist es ja nicht getan. Beleg? Bitteschön: In Griechenland hat sich seit der Krise die Selbstmordrate erhöht, es mangelt an Essen und gesundheitlicher Versorgung.

Ein Foto aus Taftanaz, Syrien. IHH Humanitarian Relief Foundation

Ein Foto aus Taftanaz, Syrien der IHH Humanitarian Relief Foundation (flickr). Würdest Du nicht auch dort weg wollen bei Bomben- und Kugelhagel?

Ich mache mir gerade Gedanken über diese Signale, die mich traurig und wütend machen. Und komme mir keiner mit „Das Geld müssen wir erstmal dafür haben!“. Das Geld ist da – doch es wird falsch verteilt und eingesetzt. Und das meine ich bewusst nicht linkspolitisch, sondern ganz simpel: Die Rettungsgelder gingen hauptsächlich an die Banken. Jetzt sollen Sie nach ihrer Rettung auch etwas zurückgeben. Dazu noch die größten Unternehmen Europas. Alleine mit 0,01% Ihres Gewinns von über 529 Milliarden Euro (Zahlen aus 2011) wären genug Mittel vorhanden, um viele Probleme in und außerhalb der EU anzupacken. Eine stabile Wirtschaft in der EU – und auch in der restlichen Welt – ist doch wohl eines: lukrativ.

Wir als einzelne Bürger können sicherlich nicht viel mit Geld ausrichten – aber mit unserer Stimme und unseren Worten. Wir können über diese Schicksale reden. Wir können, wie bei den Opfern des Flugzeugunglücks, Solidarität und Trauer zeigen. Wenn uns die Menschen nicht egal sind, sind sie es auch den Menschen nicht, die unser Geld wollen. Dieser Gedanke wäre ein Anfang. verbunden mit der Frage an Dich selber: Was würdest Du tun, wenn es Dir so ginge wie den Menschen, die nach Europa flüchten?

Damit wünsche ich Euch und Euren Liebsten frohe Ostertage.

Euer Friedrich


2 Kommentare

Harald · 5. April 2015 um 10:49

Lieber Friedrich! Deine Gedanken zu Ostern haben uns sehr beeindruckt. Ich hoffe, daß sich viele Leser dadurch angestoßen fühlen.
Liebe Ostergrüße

Friedrich · 8. April 2015 um 14:46

Hallo Harald, vielen Dank für deine lobenden Worte. So etwas lese ich natürlich gerne.
Lieben Gruß
Friedrich

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